Jesuitische Gefängnisseelsorge und Hexenverfolgung im Sauer- und Siegerland
Die Geschichte der katholischen Glaubenslehre in unserer Region ist eng verknüpft mit der Einführung der Gegenreformation unter Johann VIII. Graf zu Nassau-Siegen (1583-1638). Der Bruder von Fürst Johann Moritz war in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts in Rom zum Katholizismus konvertiert und hatte im Spannungsfeld der Konfessionen während des Dreißigjährigen Krieges 1626 in Siegen ein Jesuitenkollegium gegründet. In der neuen Ausgabe der Vortragsreihe „Siegener Forum“ am 17. März 2022 wird ein Überblick über das Wirken der Gesellschaft Jesu im Sauer- und Siegerland vor allem in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts vermittelt. Wer waren die hier wirkenden Jesuiten, was taten sie hier, in welchem Kontext kamen sie mit den Hexenprozessen in Berührung und wie stellten sie sich dazu?Siegener Forum weiterlesen →
Eine belgische Panzerkolonne in der Siegener Innenstadt. Fotograf: Horstgünter Simon
PD Dr. Christian Henrich-Franke (Siegen): Von Besatzern zu Freunden? – Die belgische Garnison in Siegen
Vom Eintreffen der ersten belgischen Soldaten am 11. November 1946 bis zum finalen Abschließen des letzten Kasernentors auf dem Wellersberg am 22. Dezember 1994 vergingen fast fünf Jahrzehnte, in denen die Krönchenstadt Teil einer umfassenden belgischen Militärpräsenz in Rheinland und Westfalen gewesen war. Die Belgier kamen nach dem Zweiten Weltkrieg als Besatzungsmacht im Rahmen der britischen Besatzungszone in Siegen an und verließen die Stadt nach dem Ende des Kalten Kriegs und der Deutschen Einheit als langjähriger NATO-Partner. Die Jahre ihrer Anwesenheit waren geprägt von den Spannungen des Kalten Kriegs, der Annäherung im Zuge Europäischer Integration aber eben auch vom pragmatischen Neben- und Miteinander einheimischer Bevölkerung und belgischer Soldaten an den vielen Militärstandorten. Immerhin waren alleine in Siegen permanent 4.000 bis 6.000 belgische Soldaten und ihre Angehörigen präsent. Siegener Forum weiterlesen →
Jakob Saß (Potsdam):Der Fall Adolf Haas: Warum die Nachkriegsjustiz bei der Strafverfolgung des verschwundenen KZ-Kommandanten scheiterte
Buchcover
Dem erfolglosen, in Siegen geborenen Bäcker Adolf Haas bot die SS alles, was er wollte: Karriere, Macht, Wohlstand und Affären. Dafür war er zu allem bereit, auch zum Massenmord. 3026 Menschen starben nachweislich unter ihm als KZ-Kommandant der Lager Niederhagen/Wewelsburg (1940-1943) und Bergen-Belsen (1943-1944). Vor Gericht musste sich Adolf Haas jedoch nie verantworten.
Der Berliner Zeithistoriker Jakob Saß stellt am Donnerstag, den 21. Oktober 2021, um 18.30 Uhr im Atriumsaal der Siegerlandhalle seine aktuelle Buchveröffentlichung „Gewalt, Gier und Gnade. Der KZ-Kommandant Adolf Haas und sein Weg nach Wewelsburg und Bergen-Belsen“ vor. In der neuen Ausgabe der Vortragsreihe „Siegener Forum“ blickt er hinter die Fassade des Massenmörders, der kurz vor Kriegsende spurlos verschwand und den bundesdeutsche Behörden jahrzehntelang nicht finden konnten – oder wollten. Die ernüchternde Strafverfolgung von Haas vergleicht Jakob Saß mit ähnlichen Verfahren am Landgericht Siegen.Siegener Forum weiterlesen →
Don Miguel de Castro, kongolesischer Botschafter, Circa 1643, Vorlage: Nationalmuseum Kopenhagen
Tobias Scheidt M.A. (Siegen): Johann Moritz und João Mina: Die Beteiligung des „Brasilianers“ im System der transatlantischen Sklaverei
Mit dem Start in das Vortragsjahr 2021/22 findet die kommende Ausgabe der Reihe „Siegener Forum“ am Donnerstag, den 16. September 2021, um 18.30 Uhr in der „Galerie zum Park“ der Siegerlandhalle statt. Tobias Scheidt M.A. wird sich mit einem ebenso kontroversen wie aktuellen Thema auseinandersetzen – der Beteiligung von Johann Moritz Fürst zu Nassau-Siegen (1604-1679) am Sklavenhandel und Kolonialismus im 17. Jahrhundert.
Von 1636 bis 1644 regierte Johann Moritz als General-Gouverneur eine niederländische Kolonie im Nordosten Brasiliens, die ihre wirtschaftliche Bedeutung im Wesentlichen aus dem Anbau von Zuckerrohr bezog. Die Grundlage der Plantagenwirtschaft bildete die Arbeitskraft versklavter Afrikanerinnen und Afrikaner. João Mina war einer dieser Arbeitssklaven, die durch den transatlantischen Menschenhandel zu Tausenden nach Brasilien verschleppt wurden, aber für die moderne Geschichtswissenschaft zumeist namenlos bleiben. Dennoch sind exemplarische Annäherungen an die Erfahrungen dieser Menschen möglich, zeichnen doch historische Dokumente aus der Hand von Kolonialbediensteten, Soldaten, Malern und auch Johann Moritz selbst ein Bild der brasilianischen Lebenswelten und der ihnen zugrunde liegenden Mentalitäten. Der Vortrag ergründet die Bedeutung und Beteiligung von Johann Moritz in diesem System von Zuckerproduktion und Menschenhandel und verortet sie im Kontext der europäischen kolonialen Expansion des 17. Jahrhunderts.
Der Entwurf der Siegener Fürstengruft von Architekt Maurits Post aus dem Jahr 1669. Vorlage: Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden Abt. 171, Nr. B 861 II.
Elisabeth Nöhring M.A.
Fürstengruft und Unteres Schloss: Zu den Bauprojekten des Johann Moritz Fürst zu Nassau-Siegen (1604-1679) in seiner Residenzstadt Siegen
In Siegen ist Johann Moritz Fürst zu Nassau-Siegen (1604-1679) nicht zuletzt deshalb bekannt, weil er der Stadt 1658 mit dem „Krönchen” auf der Nikolaikirche ihr Wahrzeichen schenkte und vor 350 Jahren eine Grablege für seine Familienangehörigen anlegen ließ – die um 1669 errichtete Fürstengruft, in der er im Jahre 1680 seine letzte Ruhestätte fand. Zeitgenössische Korrespondenzen und Pläne lassen vermuten, dass Johann Moritz Siegen zu seiner Residenzstadt machen und im Zuge dessen seinen dortigen Wohnsitz – den sogenannten Nassauer Hof im ehemaligen Franziskanerkloster, an dessen Stelle heute das Untere Schloss steht – deutlich erweitern wollte. Daher soll in der kommenden Ausgabe der Vortragsreihe „Siegener Forum“ am Donnerstag, den 19. März 2020, um 18.30 Uhr auch der Frage nachgegangen werden, ob der reformierte Siegener Landesherr mit seinen Planungen und Entwürfen für den Nassauer Hof bereits den Grundstein für das Untere Schloss legte. Der bebilderte Vortrag von Elisabeth Nöhring M.A. stellt den Auftakt zur einer Jubiläumsreihe zur 300jährigen Vollendung des Unteren Schlosses dar und gewährt vielfach unbekannte Einblicke in das Leben des Siegener Fürsten, darunter in seine Bauprojekte in Deutschland und in den Niederlanden. Der Fokus dabei liegt auf seinem städtebaulichen Engagement in Siegen, wo er den Grundstein für das (allerdings erst nach seinem Tod) infolge des Siegener Stadtbrands von 1695 erbaute und um 1720 vollendete Untere Schloss legte.
Der Vortrag findet statt am Donnerstag, den 19. März 2020, um 18.30 Uhr am Obergraben 25 (ehemals Bekleidungshaus Sauer), im neuen Hörsaal US-S002 der Universität Siegen, statt. Der Eintritt ist frei!
Professor Dr. Wolfram Pyta (Universität Stuttgart):
Der politische Lebensweg des Paul von Hindenburg
Paul von Hindenburgs (1847-1934) politischer Lebensweg ist Thema eines Vortrags des Stuttgarter Historikers Professor Dr. Wolfram Pyta im Rahmen der Vortragsreihe „Siegener Forum“ am 23. Januar 2020 im KrönchenCenter.
Der als Kriegsheld gefeierte Hindenburg rückte als Reichspräsident der Weimarer Republik erneut in das Blickfeld der Öffentlichkeit. Die siegreiche Schlacht bei Tannenberg des bereits pensionierten Offiziers gegen das russische Heer während des Ersten Weltkriegs begründete seinen Ruf. Damit war zugleich der Grundstein gelegt, ihn in konservativen Kreisen der Weimarer Republik als Integrationsfigur im zweiten Wahlgang um die Reichspräsidentschaft 1925 ins Rennen zu schicken. Diese Wahl gewann er ebenso wie die von 1932. Seine Amtszeit dauerte insgesamt mehr als acht Jahre, in die auch die Ernennung Adolf Hitlers zum Reichkanzler am 30. Januar 1933 fiel.
Noch heute ist Hindenburg, der beispielsweise 1933 zum Ehrenbürger der Stadt Siegen und der Stadt Freudenberg ernannt wurde, durch die Bezeichnung von Straßen und Plätzen mit seinem Namen allgegenwärtig. Ob ihm diese Auszeichnung und damit eine Vorbildfunktion im öffentlichen Raum zu Recht zusteht, wird kontrovers diskutiert.
Wolfram Pyta ist Professor für Neuere Geschichte an der Universität Stuttgart und Direktor der „Forschungsstelle Ludwigsburg“ zur Verbrechensgeschichte des Nationalsozialismus. Seine vielfältigen Forschungen konzentrieren sich zeitlich auf das 19. und 20. Jahrhundert und hier auf die Weimarer Republik. Seine umfassenden Kenntnisse dieses Zeitraums sind ihm sicherlich zugutegekommen bei der Abfassung zweier Biografien, deren Lebensläufe sich vor allem im besagten Zeitraum überschneiden: Hindenburg und Hitler. Daneben beschäftigt sich er sich auch mit der Sportgeschichte, namentlich dem Fußball. Empfehlenswert für alle Siegerländer Dorfgeschichtsschreiber ist sein Buch „Dorfgemeinschaft und Parteipolitik 1918–1933. Die Verschränkung von Milieu und Parteien in den protestantischen Landgebieten Deutschlands in der Weimarer Republik“ (Düsseldorf 1996), aus dem viele Anregungen und Ergebnisse für die lokalen Forschungen zu ziehen sind.
Der Vortrag über Paul von Hindenburg findet statt am Donnerstag, den 23. Januar 2020, um 18.30 Uhr im Vortragsraum des KrönchenCenters, Markt 25, 57072 Siegen (1. Etage). Der Eintritt ist frei!
Nordostansicht auf das Obere Schloss im Jahr 1913. Stadtarchiv Siegen, Bestand 702, Fo 266
Christina Schröder M.A. (Ruhr-Universität Bochum):
Schwanger oder nicht? Das aktive Eingreifen des Herzogtums Westfalen zur Bestätigung der vermuteten Schwangerschaft der Fürstin Leopoldine zu Nassau-Siegen im Jahr 1735
In der kommenden Ausgabe der Vortragsreihe „Siegener Forum“ am 5. Dezember 2019 um 18.30 Uhr im Stadtarchiv Siegen wird sich die Bochumer Historikerin Christina Schröder M.A. mit einem handfesten Skandal beschäftigen, der sich in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts im Oberen Schloss zutrug und die Justiz des Heiligen Römischen Reiches beschäftigte. Die Rede ist von der fingierten Schwangerschaft der verwitweten Fürstin Leopoldine Ernestine zu Nassau-Siegen, die wenige Wochen nach dem Tod ihres Mannes Franz Hugo Fürst zu Nassau-Siegen im März 1735 behauptete, schwanger zu sein und daraufhin den Wiener Reichshofrat wissen ließ, dass die Erbfolge im katholischen Teil von Nassau-Siegen gesichert sei. Da die Ehe der beiden katholischen Hochadligen bislang kinderlos geblieben war, drohte ihr Landesteil nach dem Tod Leopoldines an die reformierte Linie des Fürstentums Nassau-Siegen zu fallen, während er durch die Geburt eines männlichen Nachkommens in katholischem Besitz geblieben wäre. Siegener Forum weiterlesen →
Porträt des Autors als junger Mann: Christoph Bode im September 1969, damals einer der Schulsprecher des Jungengymnasiums. Foto: Bode
50 Jahre Streik am Siegener Lyzeum: Und was machten die Jungs? – Professor Dr. Christoph Bode über den “heißen Herbst” 1969
„Zerschlagt die Macht der Lehrer“. Diese Parole, am 25. August 1969 gesprüht auf die Fassade des Siegener Mädchengymnasium, bildete den Auftakt zum freilich erst zwei Monate später ausbrechenden Streik der Schülerinnen an diesem Bildungsinstitut. Gelesen hat den Spruch auch der damals siebzehnjährige Schüler Christoph Bode – und notiert, so wie er später auch die Ereignisse der turbulenten Oktobertage in seinem Tagebuch schriftlich festgehalten hat. Als Schülersprecher des benachbarten Jungengymnasiums ist er unmittelbarer Zeitzeuge, wenn auch, wie er selbst betont, weniger als Akteur denn als Beobachter. Nun, fünfzig Jahre nach dem bundesweit beachteten Schülerinnenstreik – „neben den Protesten gegen den NPD-Landesparteitag am 16. November 1968 das herausragende politische Ereignis der ‚1968er‘-Zeit in Siegen“ (so Bodes heutige Einschätzung) – schildert der emeritierte Professor für Anglistik an der LMU München, der auch Gastprofessor in Los Angeles und Berkeley, in Peking und Hong Kong war, die spannungsgeladenen Streiktage am Lyzeum aus der Perspektive eines sympathisierenden, aber nicht unkritischen Beobachters, stets spätere Entwicklungen mitreflektierend. Und was machten die Jungs? Wurde auch am Jungengymnasium an Streik gedacht? Wie reagierte der Schulleiter Dr. Frotscher? Was geschah wirklich auf dem Schulhof des Gymnasiums? Grundlage des Berichts bilden neben Originaldokumenten wie Flugblättern, Resolutionen, Textentwürfen und Protokollen natürlich seine Tagebuchaufzeichnungen. Diese ergänzende Perspektive auf eine außergewöhnliche Episode Siegener Stadtgeschichte kann hörbar nachvollzogen werden:
Am 12. Dezember 2019 wird Professor Dr. Christoph Bode, Autor bzw. Herausgeber von 28 Büchern und Verfasser von etwa 100 wissenschaftlichen Artikeln, der auch durch umfangreiche Vortrags- und Poetry reading-Aktivitäten hervorgetreten ist, um 18.30 Uhr im Siegener Stadtarchiv im Rahmen einer Kooperation von Stadtarchiv und Geschichtswerkstatt Siegen e.V. eine auszugsweise Lesung aus seinem spannenden Zeitzeugenbericht halten.
Vollständig zu lesen ist der faszinierend geschriebene Text dann in der neuen Ausgabe der „Siegener Beiträge – Jahrbuch für regionale Geschichte“ der Siegener Geschichtswerkstatt (Erscheinungsdatum Ende November).
Die Autorin Erika Mann um 1938 (Vorlage: Dr. Jürgen Nelles)
Dr. Jürgen Nelles, Bonn
Der „weibliche“ Blick auf das Dritte Reich
In der neuen Ausgabe der Vortragsreihe „Siegener Forum“ geht es am Donnerstag, den 19. September 2019, um die literarischen Werke deutscher Exil-Autorinnen zwischen 1933 und 1945.
Der bebilderte Vortrag rückte christliche und jüdische Autorinnen in den Mittelpunkt, die bereits vor 1933, in der Weimarer Zeit, schriftstellerische Erfolge feiern konnten, darunter Irmgard Keun („Das kunstseidene Mädchen“), Else Lasker-Schüler („Theben“), Nelly Sachs („Legenden und Erzählungen“), Anna Seghers („Aufstand der Fischer“) oder auch Erika Mann, die Gründerin des berühmten Kabaretts „Die Pfeffermühle“. Die genannten, aber auch einige hier ungenannte, Autorinnen haben zudem nach ihrer Flucht oder Vertreibung aus Nazi-Deutschland in ihrem Exil wichtige lyrische und erzählerische Texte über ihr verlorenes Heimatland geschrieben: Keun („Nach Mitternacht“) ebenso wie Lasker-Schüler („Das blaue Klavier“), Erika Mann („Zehn Millionen Kinder“) oder Anna Seghers („Das siebte Kreuz“). Der „weibliche“ Blick auf das Dritte Reich fördert Erkenntnisse zutage, die im Rahmen der heute (mehr denn je) notwendigen Erinnerungskultur von geradezu aktueller Brisanz und akuter Relevanz zu sein scheinen.
Der Referent Dr. Jürgen Nelles hat Germanistik, Philosophie und Pädagogik studiert. Nach seiner Promotion mit der Dissertation „Denkspiele der Poesie“ über den Hörspielmacher und Schriftsteller Paul Wühr im Jahr 1990 folgte eine Assistenzzeit an der Fernuniversität Hagen und im Jahr 2000 seine Habilitation an der Universität Bonn mit einer Studie über das Medium Buch in den Romanen des 18. und 19. Jahrhunderts. Zuletzt publizierte er ein umfangreiches Werk über den deutsch-israelischen Dichter und Holocaust-Überlebenden Tuvia Rübner. Dr. Nelles, der für zahlreiche Bildungseinrichtungen und Kulturinstitute als Referent aktiv ist, lebt und lehrt in Bonn.
Der Vortrag findet statt am Donnerstag, den 19. September 2019, um 18.30 Uhr im Gruppenarbeitsraum des Stadtarchivs Siegen, Markt 25, 57072 Siegen (KrönchenCenter, 3. Obergeschoss.). Der Eintrittspreis beträgt 3,00 Euro.
„Inventarium dero Closterbücher so zu Siegen“. Vorlage: Christian Brachthäuser
„Inventarium
dero Closterbücher so zu Siegen“ – Die verschollene Bibliothek
des Siegener Franziskanerklosters
Sie
gehören sicherlich zu den unbekannten Kapiteln der
spätmittelalterlichen Geschichte und Klosterkultur Siegens: gemeint
sind Bibliothek und Lebenswelten der Franziskaner mit ihrer bislang
unbekannten Sammlung wertvoller Traktate, Predigttexte,
Bibelkommentare und wissenschaftlicher Schriften.
Nur
wenige Quellen zur Geschichte der Siegener „Barfüßer“, wie die
Mönche wegen ihres strengen Armutsideals auch bezeichnet werden,
sind erhalten geblieben. Umso bemerkenswerter erscheint der Fund, den
Christian Brachthäuser im Königlich Niederländischen Hausarchiv in
Den Haag gemacht hat. In der neuen Ausgabe des „Siegener Forums“
am Donnerstag, den 9. Mai 2019, um 18.30 Uhr im Stadtarchiv Siegen
wird das „Inventarium dero Closterbücher so zu Siegen“ erstmals
der Öffentlichkeit vorgestellt. „Es handelt sich um ein bislang
unausgewertetes Verzeichnis aus dem Jahr 1591. In einer Art
Bestandsaufnahme wurden sämtliche Bücher, die sich damals noch im
Oberen Schloss befanden, aufgelistet. Ein solches Dokument liefert
wertvolle Erkenntnisse über die kirchengeschichtlichen, religiösen
und naturphilosophischen Studien der Mönche. Besonders im Hinblick
darauf, welche theologischen Inhalte der Siegener Bevölkerung vor
der Reformation vermittelt wurden“, so der Mitarbeiter des
Stadtarchivs Siegen. Insofern gestattet das Buchinventar
aufschlussreiche Einblicke hinter die Kulissen des Siegener Klosters
und der geistigen Vitalität zwischen mittelalterlicher Scholastik
und frühneuzeitlichem Humanismus. Dies verdient vor allem Erwähnung,
weil Siegerländer Heimathistoriker noch zu Beginn des 20.
Jahrhunderts glaubten, die Ordensbrüder hätten vor ihrer Ausweisung
aus Siegen im Jahr 1534 den größten Teil ihrer Büchersammlung
heimlich, still und leise weggeschafft und daher einen nur
unbedeutenden Beitrag zum religiösen Leben in Siegen geleistet.
„Genau das Gegenteil aber scheint der Fall gewesen zu sein.
Vergleiche mit anderen Konventen legen sogar den Schluss nahe, dass
die Franziskaner wegen ihres karitativen Engagements, ihres
seelsorgerischen Beistands und ihren volksnahen Predigten auch von
der Bevölkerung Siegens sehr geschätzt wurden“, so
Brachthäuser. Was aber geschah nach der Inventarisierung der Bücher
im Jahr 1591? Wurden sie in Teilen veräußert oder entsorgt?
Der
Vortrag erläutert einführend die Gründung des Franziskanerklosters
Ende des 15. Jahrhunderts, stellt Aspekte religiöser Buchkultur der
damaligen Zeit vor und versucht danach das Schicksal der Siegener
Klosterbibliothek nachzuzeichnen.
Die
Vortragsreihe „Siegener Forum“ ist eine Kooperation von
Volkshochschule und Stadtarchiv Siegen, Geschichtswerkstatt Siegen
e.V., Siegerländer Heimat- und Geschichtsverein e.V. und Aktivem
Museum Südwestfalen e.V.
Der
Vortrag findet statt am Donnerstag, den 9. Mai 2019, um 18.30
Uhr im Gruppenarbeitsraum des Stadtarchivs Siegen, Markt 25, 57072
Siegen (KrönchenCenter, 3. Obergeschoss.). Der Eintrittspreis
beträgt 3,00 Euro.