Das „Fundstück“ zum Winterfest des Siegener Bezirksvereins des VDI im Jahr 1912 wirft ein Schlaglicht auf die Festkultur der bürgerlichen Gesellschaft des Kaiserreichs in der Stadt Siegen und ihrem Umland. Das Vereinswesen und die bürgerliche Fest- und Feierkultur erlebten in den wirtschaftlich prosperierenden Jahren nach der Jahrhundertwende eine Blütezeit. Der Siegener Bezirksvereins des VDI hatte zu dieser Zeit rund 200 Mitglieder. Die aus Siegen stammenden oder aus beruflichen Gründen hierher gezogenen Ingenieure, die an auswärtigen technischen Hochschulen eine Ausbildung genossen und andernorts ein bunteres städtisches Kulturleben kennen gelernt hatten, teilten die von orthodox-protestantischen Kreisen vertretene strikte Ablehnung des Karnevals in der Regel nicht. Dass sie meist gut verdienten und zur oberen Mittel- oder vereinzelt zur Oberschicht gehörten, impliziert keineswegs automatisch eine soziale oder kulturelle Distanz, aus der heraus sie sich anlässlich des Karnevals den „exotischen Einheimischen“ auf „spielerische“ Weise hätten annähern müssen. Die Winter- und auch die Sommerfeste des Siegener Bezirksvereins des VDI hatten wie bei anderen Vereinen auch vorwiegend geselligen Charakter und dienten dem Vereinszusammenhalt, der Unterhaltung und dem privaten Vergnügen. Dem 1870 gegründeten Siegener Bezirksverein des VDI kommt für die industrielle Entwicklung des Siegener Raumes eine kaum zu unterschätzende Bedeutung zu. Dank eines ausgeprägten, ausführlichen Berichtswesens ist die Entwicklung des Siegener Bezirksvereins auch für die ersten Jahrzehnte seines Bestehens, unter anderem in der vom Zentralverein in Berlin herausgegebenen „Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure“, gut überliefert. Für das Jahr 2020 ist eine Publikation anlässlich des 150-jährigen Jubiläums des Siegener Bezirksvereins des VDI in Vorbereitung. Sven Panthöfer, Dieter Pfau Reply